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Die Bedeutung der digitalen Transformation für den Einzelhandel (Teil 1+2)

28.04
Alexander Koch

Die Digitalisierung ist in aller Munde. Die Kanzlerin hat auf dem Forschungsgipfel 2016 vor wenigen Tagen an Wirtschaft und Gesellschaft appelliert, bei der Digitalisierung nicht den Anschluss zu verlieren. Das Online Portal Faircoach.de befragt dazu den Vertriebsexperten Alexander Koch, was Einzelhandelsunternehmen bei der Digitalisierung beachten müssen.

Herr Koch, ist für viele stationäre Händler, mit dem Blick auf das Online Geschäft, der Zug nicht bereits abgefahren?

Das Online Geschäft boomt. Heutige Weltmarktriesen wie Alibaba.com oder Amazon haben das schon früh für sich erkannt und gönnen sich bekanntermaßen ein großes Stück vom Umsatzkuchen verschiedenster Branchen. Nicht zur Freude aller Marktbeteiligten, denn auch wenn bei den Mitbewerbern das Online Geschäft teilweise zusätzliche Nachfrage weckt und neue Zielgruppen erschließt: der Einzelhandel spürt bspw. schon seit langer Zeit den Wind der Veränderung durch die knallharte Konkurrenz im Netz.

Leere Innenstädte und teilweise gähnend leere Filialen mit hochmotiviert ins eigene Handy oder die Tiefe des Raums blickende Mitarbeiter, sind dafür augenscheinlich der beste Beweis. Kein Wunder also, dass vielerorts mit dem Blick auf die Online Anbieter, schnell ein Feindbild ausgemacht ist. Gerne wird in großen Konzernen auch direkt der hauseigene Online-Vertrieb genannt, denn schließlich macht dieser zu allem Überfluss scheinbar auch noch die eigenen Preise kaputt.

Zu Unrecht, denn für viele ist Digitalisierung zugleich eben auch das Synonym für solide Online-Aktivitäten- mit der die florierende Nachfrage nach neuen Produkten und Dienstleistungen einhergehen wird. Natürlich ist Digitalisierung mehr als nur das und die Möglichkeiten einer noch weitreichenderen Vernetzung und das „Internet der Dinge“, fangen ja soeben erst an, an Kontur zu gewinnen. Für die Unternehmen ist die vierte Industrielle Revolution aber in der Tat auch heute schon die große Chance, das eigene Geschäft anzukurbeln und neue Kundengruppen zu erschließen.

Profitieren kann zudem in großem Maße auch der Kunde. Die Unternehmen werden ihm viel mehr Alternativen und Möglichkeiten bieten und bieten müssen als in der Vergangenheit. Vorreiter im Markt haben schon längst mit dem Umbau Ihrer Kontaktkanäle begonnen und streben zu wirksamen Multi-Channel Ansätzen in Marketing und Vertrieb. Das dieses Vorhaben insbesondere für die großen Anbieter ein gewaltiges Vorhaben ist, liegt klar auf der Hand. Zum Einen natürlich, weil viele althergebrachte Strukturen und über Jahre gewachsene Prozesse angepasst werden wollen. Zum Anderen sind die in Zeiten von weitreichendem Change und Wandel auf Mitarbeiterseite immer auch vorzufindenden Ängste, Sorgen und Skepsis nicht zu unterschätzen.

Ist der Faktor Mensch nicht sogar die größte Herausforderung?

Der Erfolg liegt letztendlich darin, dass Digitalisierung das komplette Unternehmen durchdringt und jeder Mitarbeiter erreicht wird. Ideal ist es aus meiner Sicht, die Mitarbeiter so schnell wie möglich aktiv mit einzubinden und zu Beteiligten zu machen. Sie aus Kundensicht auf Prozesse blicken zu lassen und zu lösungsorientiertem Handeln und Denken zu bewegen, dies entsprechend vorzuleben und zudem Rahmenbedingunen zu schaffen, die ein derartiges Arbeiten ermöglichen und fördern. …und das gilt vor allem für die Mitarbeiter im direkten Kundenkontakt Wenn beispielsweise Vertriebskanäle nicht optimal abgestimmt vorgehen, sondern als Wettbewerber agieren, ist dies für den Kunden schnell spürbar.

Für den Kunden ist es ja erstmal egal, auf welchem Weg er den Kontakt zum Unternehmen einschlägt. Er sieht jeden Kontaktpunkt ganzheitlich und für Ihn repräsentiert jeder einzelne Mitarbeiter genau das Unternehmen, dem er sein Geld und Vertrauen geschenkt hat. Nur wenigen Mitarbeitern gelingt es dabei, dem Kunden dennoch einen einheitlichen Eindruck und wirkliches "One face to the customer" zu transportieren. Wenn beispielsweise der Online gewonnene Kunde beim Filialbesuch den Eindruck hat, er sei Kunde zweiter Klasse, weil man "für Online Kunden vor Ort keinen Service anbieten kann", oder Hotline Mitarbeiter -wider besseren Wissens- den Kunden bei Reklamationen in den Shop schicken, obwohl vor Ort keine Möglichkeit für eine schnellere Lösung besteht, oder Mitarbeiter den Kunden konsequent wieder an die Hotline verweisen, weil Ihnen nicht bewusst ist, "warum Sie einen Fehler korrigieren sollen, der einem anderen Vertriebskanal passiert ist", dann ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen und es läuft gehörig etwas falsch.

Manchmal reicht eben schon ein einzelner Kundenkontakt, um extrem viel für die gute Kundenbeziehung und Loyalität des Kunden zu erreichen....oder mit einem Schlag einzureißen, was im bisherigen persönlichen Gespräch mit Beratern und Verkäufern mühsam aufgebaut wurde.

Was ist den Unternehmen zu raten?

Viele Händler haben vor Jahren schon verstanden, dass sich das eigene Online-Geschäft wirksam mit dem Filialgeschäft verträgt und durch gezieltes Routing beide Kanäle sogar voneinander profitieren. Nicht jeder Artikel muss im Laden vorrätig sein und die Lagerkosten nach oben treiben: Ist die Ware nicht direkt vor Ort im Shop vorhanden, kann der Kunde trotz leerem Warenbestand vor Ort den Artikel kaufen und aus dem Zentrallager oder über Distributionspartner nach Hause zugesandt bekommen.

Online Kunden lassen sich zur Warenabholung in den Shop einladen und auch für ein Beratungs-Gespräch oder bei Reklamationen in den eigenen Laden zu routen. Das erfordert im ersten Schritt vielleicht konsequentes Umdenken oder sogar Mut, ist zugleich jedoch ein exzellenter Weg zu einer persönlichen und nachhaltigen Kundenbindung. Und zudem die Chance für Mehrwert und Zusatzgeschäft. Kleine- und Mittelständische Unternehmen haben es hierbei aufgrund Ihrer Größe an manchen Stellen bestimmt leichter als ein Großkonzern, sich flexibel und innovativ aufzustellen.

Aber nicht jedes Unternehmen hat die Ressourcen und Mittel, sich auf eine komplexe Online Welt zu konzentrieren.

Es müssen können nicht immer nur die extrem komplexen und teuren Lösungen sein, die einen ersten Mehrwert bringen. Aber wenn es heute noch Unternehmen gibt, die Ihre Online-Seiten stiefmütterlich pflegen, und das Potential des Online-Geschäfts unterschätzen, verlieren diese schon heute wichtige Kundengruppen.

Plattformen wie „Afterbuy“ oder der Amazon-Marketplace sind für Unternehmen beliebtes Nebengeschäft. Zudem bieten zahlreiche Fulfillment-Dienstleister eine große Unterstützung für ein Unternehmen, um seine Online-Präsenz professionell weiter auf- und auszubauen. Neue Wege schaffen eben auch immer neue Märkte. Das funktioniert aber auch im Kleinen: Das regionale StartUp "Kauf.in" hilft zum Beispiel Kleinunternehmern, für die der Betrieb eines eigenen Online-Shops zur Zeit noch nicht vorstellbar ist, und sorgt per App oder Web-Store mit seiner eigenen Infrastruktur dafür, dass der Kunde die Ware aus dem regionalen Angebot sogar noch am selben Tag erhält.

Ein schönes Beispiel dafür, wie unter neuen Rahmenbedingungen neue Chancen und Möglichkeiten entstehen und wie durch die neuen Medien für Kundenfrequenz sowie erlebbaren Mehrwert gesorgt werden kann, liefert ein großes deutsches Musikhaus. Seit Jahren gelingt es hier durch den eigenen Youtube-Channel mit eigenen praxisnahen Produkttests und -Reviews, sowohl für Kundenfrequenz in den Filialen als auch für Traffic im eigenen Online Shop zu sorgen. Ein Modell, dass sich auch auf andere Themen übertragen lässt.

Oder der Reifenhändler, der seine Kunden mindestens zweimal im Jahr zum saisonalen Reifenwechsel sieht, weil man unter anderem Online -jederzeit und unkompliziert per Mausklick - einen Termin vereinbaren kann und zudem auf diesem Weg Serviceleistungen günstiger erhält wenn man sich bei Terminvergabe bspw. direkt dafür entscheidet, die Reifen mal wieder auswuchten zu lassen - so generiert die Online-Terminvereinbarung direkt auch noch Zusatzgeschäft.

Anderen wiederum hilft eine professionell gestaltete Facebook-Seite als zusätzlicher Kommunikationsweg - vorausgesetzt diese liefert wirklichen Mehrwert, ist konstant aktuell, enthält wertvolle Tipps oder lesenswerte News für den Kunden und wird zudem interaktiv auch als Chance zur Kanalisierung von aufkommenden Kundenbeschwerden, Feedback und Lob genutzt.

Also bleibt Verkaufen auch in Zukunft ein persönlicher Vorgang?

Die neuen Medien haben es geschafft den persönlichen Kontakt auch digital geschehen zu lassen. Kaufen und Verkaufen bleibt zudem in Summe in den meisten Fällen ein Akt zwischenmenschlicher Beziehung. Letztendlich wird -insbesondere bei komplexen Produkten und Dienstleistungen- der persönliche Kontakt zum realen Berater und Verkäufer vor Ort, per Skype oder am Telefon für eine von Vertrauen und Menschlichkeit geprägte Kundenbeziehung auch weiterhin besonders wichtig sein und für viele Kunden bleibt dies ein ganz entscheidender Faktor für die Loyalität zum Unternehmen und zum Anbieter. Der dankbarste Kontakt ist sicher auch weiterhin derjenige, bei dem die Zufriedenheit mit der Beratung, Kaufentscheidung oder Reklamationsbearbeitung beim Blick in die Augen des Kunden für den Verkäufer direkt sichtbar wird.

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