Resilienz ist derzeit eines der wichtigsten Themen im Bereich Personalentwicklung und Weiterbildung. Trotz der großen Beliebtheit ist nicht immer hinreichend klar, was genau dieses Wort eigentlich bedeutet.
Das Wort „Resilienz“ hat ursprünglich nichts mit Menschen zu tun, sondern kommt aus der Materialwissenschaft.
Resilienz auf dem Kinderspielplatz (gemeint sind nicht die Kinder!)
Das kann man gut auf einem Kinderspielplatz beobachten. Eine gewöhnliche Schaukel hat immer einen Querbalken, an dem die Schaukel aufgehängt ist. Meistens ist dieser Querbalken aus Holz, aber auch ein Stahlträger würde es tun. Im Englischen bezeichnet man mit dem Begriff „resilience“ hier die Widerstandskraft des Holzbalkens gegen das Gewicht, das an ihm zerrt. Denn wenn ich mich auf eine Schaukel setze, dann muss der Querbalken nicht nur die Schaukel, sondern zusätzlich auch noch mein Körpergewicht tragen. Wenn der Balken diesem Gewicht widerstehen kann, wenn er also trotz Belastung nicht durchbricht oder beschädigt wird, dann ist er resilient.
Überträgt man das nun auf den Menschen, dann lässt sich Resilienz als Widerstandskraft definieren – nur dass es eben nicht um die physische Widerstandskraft geht, die ein Mensch z.B. einem Gewicht entgegenbringt, sondern um eine psychische oder mentale Widerstandskraft.
Resilienz ist also zunächst als eine Analogie oder Metapher zu verstehen: So, wie im Fitness-Studio ein starker Muskel einem Gewicht standhält, gibt es offenbar auch einen mentalen Muskel, der – je nachdem, wie stark er ausgeprägt ist – „mentalen“ Gewichten standhalten kann.
Was sind diese „mentalen“ Gewichte? Wir alle kennen sie unter dem Namen „Stress“ und sie umfassen eigentlich alle psychischen Belastungen, Probleme, Druck, Angst und Krisen. Und gegen diese Dinge schützt Resilienz. Das stimmt übrigens auch in der Materialwissenschaft, denn das Gewicht, das bei einer Schaukel am Querbalken zieht, nennt man im Englischen „stress“.
Wissenschaftliche Definitionen
Ein Blick in die wissenschaftliche Literatur offenbart, dass man den Begriff aus unterschiedlichen Perspektiven definieren kann. Resilienz ist eine „psychische Widerstandsfähigkeit gegenüber biologischen, psychologischen und psychosozialen Entwicklungsrisiken“ (Wustmann: Resilienz, Beltz). Hier wird deutlich, dass Wissenschaftlerinnen und Psychologen zunächst einmal an Kinder denken, wenn sie „Resilienz“ hören. Deshalb ist es eher ungewöhnlich, dass wir den Begriff, wie wir es heute tun, vor allem auf Erwachsene im Arbeitskontext anwenden.
Als „resilient“ bezeichnen Entwicklungspsychologen Kinder, die sich trotz einer schwierigen Kindheit und belastenden Erfahrungen gesund entwickeln und keine gravierenden psychischen Störungen zeigen.
Man findet in der Forschungsliteratur aber auch Definitionen, die auf Erwachsene gemünzt sind. Ich selbst halte als Resilienz-Trainer ja Vorträge in Unternehmen und arbeite in Seminaren mit erwachsenen Führungskräften und Mitarbeiterinnen. Für diesen Kontext eignet sich deshalb eine andere Definition: Von Resilienz spricht man,
„wenn sich Personen trotz gravierender Belastungen oder widriger Lebensumstände psychisch gesund entwickeln“
(Fröhlich-Gildhoff / Rönnau-Böse: Resilienz, UTB). Das ist sozusagen „Resilienz für Erwachsene“.
Pragmatische Definitionen
Da es aber in einem Resilienz-Training nicht um komplizierte wissenschaftliche Definitionen gehen sollte, definiere ich Resilienz oft auch ganz pragmatisch. Resilienz bedeutet:
Ein guter Boxer ist resilient
Jeder Boxer bekommt irgendwann einmal auf die Mütze. Jeder Boxer geht irgendwann einmal zu Boden. Es gelingt niemandem, nicht getroffen zu werden. Das lässt sich unmittelbar auf die mentale Resilienz übertragen: Kein Mensch kann Probleme und Stress vermeiden. Resilienz ist nicht die Fähigkeit, alles locker zu nehmen und in jeder Situation gelassen zu bleiben. Wer resilient ist, der ist nicht immun gegen alle Probleme des Lebens. Das schafft niemand.
Genau wie ein guter Boxer hat ein resilienter Mensch aber die Fähigkeit, sich von Tiefschlägen und Rückschlägen zu erholen – und zwar möglichst schnell, und ohne bleibende Schäden davon zu tragen. Das ist auch bei einem guten Boxer so: Wenn er auf die Knie geht, steht er wieder auf – und macht weiter.
Auch resiliente Menschen fallen im Leben mal hin. Der Unterschied zu anderen ist, dass sie immer wieder aufstehen.
Nicht immer schafft es ein Boxer, noch im aktuellen Kampf wieder aufzustehen. Wir alle kennen Kämpfe, die durch K.O. entschieden wurden. Aber resiliente Boxer stehen wieder auf – wenn nicht noch im Ring, dann am nächsten Tag: Sie machen weiter, lernen aus ihren Fehlern, trainieren weiter hart, kämpfen sich durch ihre gedrückte Stimmung in den Tagen nach einer Niederlage – und weil sie einfach weitermachen, stehen sie irgendwann wieder im Ring. Und weil sie immer wieder im Ring stehen, werden sie irgendwann auch wieder gewinnen. Das ist Resilienz.
Was können wir also von guten Boxern lernen? Vielleicht folgendes:
Wir alle sind verwundbar. Niemand von uns ist Superman. Wir alle werden mal getroffen und gehen mal zu Boden, geraten in eine Krise oder leiden unter Stress und Problemen.
Auch resilienten Menschen geht es so. Aber sie machen weiter, verarbeiten ihren Stress so, dass sie darunter nicht zusammenbrechen, und sie kommen aus Krisen wieder heraus, ohne bleibende Schäden davonzutragen.
Ein Fußball ist äußerst resilient
Resilienz kann man sich auch von einem Fußball abschauen. Das lateinische „resilire“ bedeutet soviel wie „abprallen“.
Ich kann einen Fußball mit enormer Gewalt gegen eine Betonwand schießen, ohne dass er – trotz der immensen Belastung – dabei platzt. Das liegt daran, dass er elastisch genug ist, um zurückzuspringen.
Überträgt man dieses Bild auf Menschen, dann ist Resilienz die Fähigkeit, den Aufprall hoher Belastungen abzupuffern und diese Energie in die gewünschte Richtung umzulenken – ohne dabei geschädigt zu werden.
Resilienz kann man lernen
Die gute Nachricht ist: Auch wenn Menschen durch ihre unterschiedlichen genetischen Prädispositionen und frühen Kindheitserfahrungen nicht alle das gleiche Ausgangsniveau in Sachen Resilienz haben – die eigene Resilienz lässt sich systematisch trainieren. Wenn die eigene Resilienz im Erwachsenenalter nicht mehr veränderbar wäre, dann wäre Resilienz-Training sinnlos. Resilienz ist und bleibt aber unser Leben lang etwas Veränderbares, das wir gezielt trainieren können.
Es ist wie bei einem 10km-Lauf: Manche von uns mögen schon 50m Vorsprung haben, andere hatten Pech und starten mit 10m Rückstand. Aber wenn wir lange genug trainieren und laufen, fallen diese Unterschiede immer weniger ins Gewicht.
Wer herausfinden möchte, wie hoch die eigene Resilienz derzeit ausgeprägt ist, kann dazu einen Resilienz-Selbsttest nutzen. Bitte klicken Sie diesen Link, um zum Resilienz-Selbsttest zu gelangen:
Ich kann einen „mentalen“ Muskel genauso trainieren wie einen „körperlichen“ Muskel. Wer häufig ins Fitness-Studio geht, wird immer stärkere Muskeln haben und immer besser Gewichten standhalten. Und wer die eigene Resilienz systematisch weiterentwickelt, wird schon bald besser mit Belastungen und Krisen umgehen können – und kann auch unter langanhaltendem Stress gesund bleiben.
Was mich immer wieder wundert: Wir alle treiben Sport und halten uns körperlich fit. Aber wann haben wir das letzte Mal die eigene Resilienz trainiert?
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Oliver Hofmann (Geschäftsführer).