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So fördern Sie die Kreativität Ihrer Mitarbeiter

Dr. Julian Gebhardt

Viele Konzerne stehen aktuell vor der Herausforderung, Innovationskraft- und tempo deutlich zu verstärken. Denn disruptive Wettbewerber greifen etablierte Branchen an. Uber in der Taxibranche, Airbnb in der Hotelbranche oder Tesla sowie Google in der Automobilbranche legen ein Innovationstempo vor, bei dem Konzerne nicht ohne externen Innovations-Support mithalten können.

Der Methodenbaukasten, systematisch Innovationen zu generieren, ist prall gefüllt. Design Thinking ist die wohl populärste Innovationsmethode. So wirkungsvoll diese Tech-niken sind. Sie alle stehen vor der Herausforderung, nach der Ideenfindung und dem Bau von Prototypen, im daily business auch fortgeführt und implementiert zu werden. Häufig entwickeln die Teilnehmer von Kreativ-Workshops tolle Ideen und gehen mit großer Begeisterung zurück an ihren Arbeitsplatz. Dort aber werden sie vom Tagesgeschäft oder starren Hierarchien ausgebremst.

Faircoach.de: Herr Gebhardt, Sie erleben in Ihrer Praxis als Coach und Dozent täglich Workshop Teilnehmer, die hochmotiviert mit neuen Ideen in ihr Unternehmen zurückkehren. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Ideen auch tatsächlich im Unternehmen weiter verfolgt oder gar etabliert werden?

Grundsätzlich bieten die in einem Kreativ- oder Design Thinking Workshop generierten Problemlösungen eigentlich immer gute Chancen, später auch im Unternehmen weiter-entwickelt und umgesetzt zu werden. Leider erlebe ich in meinem Coaching Alltag aber immer wieder, dass selbst vielversprechende und spannende Projektideen in den Mühlen des Arbeitsalltags häufig so lange zerrieben und kleingehackt werden, bis am Ende nichts mehr übrigbleibt, mit dem man sich am Markt erfolgreich platzieren könnte. Das hat viele Gründe. Einen Hauptgrund sehe ich darin, dass viele Unternehmen immer noch streng hierarchisch organisiert sind und das Führungspersonal zwar sehr viel Energie in den Erhalt einmal etablierter Machstrukturen investieren. Sie kümmern sich aber weit aus weniger darum, ein Umfeld zu schaffen, das Mitarbeiter dazu motiviert kreativ zu sein, bestehende Produkte, Dienstleistungen und Prozesse zu hinterfragen, Neues zu wagen. In einem solchen Arbeitsumfeld haben es Ideen schwer zu echten Innovationen heranzureifen.

Faircoach.de: Diese Perspektive wirkt ernüchternd. Woran liegt es nach Ihrer Erfahrung, dass Unternehmen auf der einen Seite die Notwendigkeit für Innovation erkennen, aber andererseits die Ideen ihrer Mitarbeiter nicht konsequenter umsetzen?

Ich denke, dass heutige Unternehmen und Unternehmer häufig sehr mutlos agieren und im wesentlichen von der Angst getrieben sind nichts falsch zu machen, sich nicht zu blamieren oder den Anschluss zu verlieren. Innovativ zu sein erfordert aber eine gehörige Portion Mut und vor allem die Bereitschaft, sich von überkommenen Dogmen und Denkgewohnheiten zu lösen. Nicht umsonst lautet einer der wesentlichen Grundsätze im Design Thinking: Scheitere früh und oft. Dazu gehört auch der Mut immer wieder neu aus der eigenen Komfortzone herauszutreten, so früh wie möglich mit Kunden, Nutzern und Mitarbeitern zu sprechen, Feedback auf die eigenen Ideen einzuholen und die Bereitschaft sie wieder zu verwerfen, wenn sie nicht funktionieren.

Faircoach.de: Welche konkreten Maßnahmen können Unternehmen einleiten, um die Kreativität ihrer Mitarbeiter zu fördern bzw. nicht auszubremsen?

Kreative Freiräume schaffen. Vertrauen in die eigene Belegschaft setzen. Sie einfach mal machen lassen. Loslassen lernen. Eine Kultur der Angst in eine Kultur des Experimentie-rens und des möglichen Scheiterns überführen. Hierzu gehört auch die Mitarbeiter in ihrem Glauben an die eigene Selbstwirksamkeit (engl.: Creative Confidence) zu unter-stützen, anstatt ihnen beständig zu vermitteln, dass sie im Prinzip zu wenig leisten, zu wenig kreativ sind, zu langsam sind, etc. Führungskräfte müssen verstehen lernen, dass Innovieren ein zeitintensives und ressourcenfressendes Geschäft ist, das sich von den Mitarbeitern eben nicht in einer verlängerten Kaffeepause und erst recht nicht on-top zum übrigen Alltagsgeschäft meistern lässt. Man muss den Menschen dafür Zeit und Raum geben. Aufgaben und Ressourcen umverteilen und sie gegebenenfalls neu definieren.

Faircoach.de: Was können Mitarbeiter ihrerseits tun, um auch bei nicht perfekten Rahmenbedingungen ihren Beitrag zu mehr Innovationskraft im Unternehmen zu leisten?

Viele Mitarbeiter glauben, dass Kreativität nur in feinpolierten und möglichst hip eingerichteten Arbeitsräumen möglich ist. Stattdessen lautet eines der grundlegendsten Design Thinking Prinzipien: Mach’ das Beste aus Deiner Situation und den Dir zur Verfü-gung stehenden Mitteln. Wenn Du kein eigenes Projektteam zur Hand hast, dann schnappe Dir zwei, drei motivierte Kollegen und stelle mit denen etwas auf die Beine. Wenn Du keine Whiteboards zur Verfügung hast, dann klebe Dir eine Magic Chart Folie an die Wand. Wenn Du kein eigenes Büro zum Innovieren hast, dann richte Dir eine kleine, kreative Ecke auf dem Gang oder eine Pop-Up Werkstatt in der Unternehmenscafeteria ein. Kreativität ist eine Geisteshaltung und Raum für Innovation gibt es überall. Die Berliner Start-up Szene ist voll von Beispielen dafür, wie man sich mit wenig Mitteln maximale Freiräume erschaffen kann. Don’t wait for the perfect space. Use your space perfectly, lautet das Credo.

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